Typisch UmweltBank

Kleines Jubiläum – große Geschichte

Das 25-jährige Jubiläum bietet eine große Chance, die besondere Geschichte der UmweltBank zu würdigen, solange die Erinnerung an die eigene Geschichte noch präsent ist. Außerdem werden die Ideale der Gründungszeit in einen größeren Kontext eingebettet.

25 Jahre UmweltBank

„Bei dem Jubiläum fehlt doch eine 0 hinten“, war der gängige Spruch, der immer mal wieder scherzhaft in unseren Projektbesprechungen mit der UmweltBank zum Jubiläum auftauchte. Kein Wunder – in der Regel betreuen wir Unternehmen, die ihr 50-, 100- oder gar 200-jähriges Bestehen feiern. Traditionsunternehmen, in denen viele Erinnerungen und Wissen an vergangene Geschichten verlorengegangen sind und bei denen der Blick zurück im Rahmen des Jubiläums auch eine spannende Entdeckungsreise in die entfernte Vergangenheit bedeutet: Wo kommen das heutige Unternehmen und seine Kultur eigentlich her, wie sind sie gewachsen und welche Wegweiser bietet die Vergangenheit auch für die zukünftige Entwicklung?

Doch was bedeutet so ein Blick zurück, wenn er gerade einmal 25 Jahre in die Vergangenheit führt? 25 Jahre sind in der Geschichte nur ein kurzer Augenblick, doch 25 Jahre sind auch eine ganze Generation an Mitarbeitenden und Kund:innen, Erfahrungen und Erinnerungen. Als Historiker wissen wir, dass jede Generation wieder neu auf die Geschichte blickt und eigene Schwerpunkte setzt.

Die Anfänge UmweltBank waren nicht ohne Widerstände: Popp und seine Mitstreiter:innen bekommen offen zu hören „Ihre Bank ist hier nicht erwünscht.“
Die Anfänge UmweltBank waren nicht ohne Widerstände: Popp und seine Mitstreiter:innen bekommen offen zu hören „Ihre Bank ist hier nicht erwünscht.“

„Ihre Bank ist hier nicht erwünscht“

Die Anfänge dieser Geschichte sind freilich bescheiden und durch erhebliche Hürden gekennzeichnet. Sie beginnt mit Horst P. Popp, der Mitte der 1990er Jahre eine Vision hat: Er möchte Ökologie und Ökonomie verbinden und beweisen, dass Geldanlagen auch ökologisch nachhaltig sein können. Im Jubiläumsjahr 2022 ist die Idee so aktuell wie nie, jede Sparkasse und Volksbank wirbt heute mit „grünen“ Anlagemöglichkeiten. Mitte der 1990er ist das aber noch Zukunftsmusik. Popp hatte zuvor schon erste Erfahrungen bei der Ökobank gesammelt, doch sind ihm die Strukturen zu wenig zielführend. Seine Konsequenz ist folgerichtig: Er probiert es auf eigene Faust. 1994 ist die Idee der UmweltBank geboren, quasi am Küchentisch der Familie Popp geht es los. Die ersten Gelder werden eingeworben und das junge UmweltBank-Team erlebt schnell, dass ihre geplante Bankgründung von vielen Seiten Zuspruch findet. Doch noch ist die Skepsis in der Bankenwelt zu groß: Die erste Emission scheitert.

1995/1996 startet das Team um Popp einen neuen Anlauf. Der Widerstand kommt diesmal aber von einer anderen, unerwarteten Seite: Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen BAKred (Vorgänger der heutigen BaFin) glaubt schlicht nicht an die Idee. Popp und seine Mitstreiter:innen bekommen offen zu hören „Ihre Bank ist hier nicht erwünscht.“ Es ist die Zeit vom großen und schnellen Wachstum- und Rendite-Denken an den Finanzmärkten – von den vermeintlichen Phantasien von ein paar „Weltverbesserern“ will niemand etwas hören.

Die UmweltBanker:innen on Bike im Jahr 2002.
Die UmweltBanker:innen on Bike im Jahr 2002.

Widerstand kommt aber auch aus den Medien und der Presse: Die jungen UmweltBanker:innen werden als „grüne Spinner“ bezeichnet – Umweltschutz sei ja schön und gut, aber eine richtige Bank könne man so nicht betreiben. So wird die UmweltBank in ihrer Gründungsphase in der Bankenwelt bestenfalls belächelt. Trotzdem gelingt dank des beherzten Einsatzes des Teams die zweite Emission: Am 27. Januar 1997 erhält die UmweltBank die Vollbanklizenz – sie ist nun offiziell gegründet.

Von Wind zu Solar

Nach den anfänglichen Schwierigkeiten folgt, was die Skeptiker:innen in den Jahren zuvor für unmöglich gehalten haben: ein stetiger Wachstumskurs. In den ersten Jahren bestimmen die ökologische Baufinanzierung und die Finanzierung von Windkraftanlagen das Hauptgeschäft der UmweltBank. In diesen Jahren kommen die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit allmählich auch auf der weltpolitischen Bühne an, mit der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls im Dezember 1997 wird ein wichtiger Meilenstein für den Klima- und Umweltschutz erreicht. Auch in Deutschland unternimmt der Gesetzgeber konkrete Schritte in diese Richtung: Im Jahr 2000 wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erlassen. Für die UmweltBank bedeutet das eine spürbare Veränderung: Auf einmal dominiert die Finanzierung von Solaranlagen das Tagesgeschäft. Und mit dem Wachstum ist nun fast sogar ein wenig „cherry picking“ angesagt – die Schreibtische werden immer voller und die junge UmweltBank kann sich mittlerweile die spannendsten Projekte aussuchen. Dass es sich bei der Bank also keineswegs um „grüne Spinner“ handelt, wird spätestens jetzt offensichtlich.

Hinter diesen Erfolgen steckt bei der UmweltBank ein starkes Experten-Team. Die Mitarbeitenden werden durch die gemeinsamen Wertevorstellungen und Ideale zusammengeschweißt. So kommen unterschiedliches Know-how und Charaktere zusammen – der eine bezeichnet sich als „bekennender Autohasser“, andere als „UmweltBanker par excellence“. Da hilft es, dass sich der Start-up-Charakter der frühen Tage auch weiterhin durch das Unternehmen zieht: Jeder kennt jeden, und alle haben das Gefühl, gemeinsam einen wertvollen Beitrag in einer Welt zu leisten, deren Vorstellungen über Nachhaltigkeit und Ökologie sich gerade bis in die Mitte der Gesellschaft hinein radikal wandeln. Bis heute wird im Vorstellungsgespräch oder bei neuen Mitarbeitenden schnell deutlich, wer zur Bank passt und wer nicht. Die Identifikation mit dem Unternehmen und der Sache an sich spielen eine große Rolle. Einen wirklich „ganz klassischen“ Bankberuf gab und gibt es bei der UmweltBank nicht.

Versäumnisse auf der Erfolgswelle

Die Zahlen stimmen also und die UmweltBank wächst von anfangs knapp 30 Mitarbeitenden innerhalb von etwa 15 Jahren auf fast 150. Aber der Erfolg und das hektische Tagesgeschäft versperren den Blick für einige wesentliche Fragen, die sich ein Unternehmen stellen muss, das gerade seine Start-up-Phase hinter sich lässt: Viele neue Mitarbeitende stoßen zur Bank, ohne die Geschichten der aufreibenden Gründungszeit zu kennen oder die Erfahrungen zu teilen, die das Team der ersten Stunde zusammengeschweißt haben. Der Erfolg in den 2000ern scheint für sie fast selbstverständlich. Gleichzeitig muss sich die UmweltBank zunehmend mit neuen Bankenregularien, Vorschriften und Gesetzen beschäftigen, die im Zuge großer internationaler Krisen, wie etwa der Finanzkrise 2007/2008, noch einmal verschärft worden sind. Der Spirit aus der Gründungszeit droht inmitten dieser Herausforderungen allmählich zu verblassen.

Eine Besonderheit bei der UmweltBank der Umweltrat, hier 2002.
Eine Besonderheit bei der UmweltBank der Umweltrat, hier 2002.

Ab 2016 emanzipiert sich die UmweltBank langsam von ihrem Gründer, 2017 scheidet er aus dem Unternehmen aus. Es ist der erste Generationenwechsel in der UmweltBank-Geschichte. Er setzt im Unternehmen noch einmal neuen Fokus. Dieser Prozess dauert bis heute an.

Die sehr guten Zahlen nehmen der Bank um diese Zeit außerdem auf einigen Feldern den Druck, sich selbst zu verändern, etwa im Hinblick auf die Digitalisierung. Die Verantwortung ist auch zu Beginn der 2010er nur auf wenige Schultern verteilt; vieles hängt noch immer von Horst Popp direkt ab. Doch dieser hat seine persönlichen Ziele längst erreicht und gegen alle Widerstände bewiesen, dass nachhaltiges Banking eben doch möglich ist. Seine Vision und sein Spirit haben sich auf die Belegschaft übertragen und leben längst in ihr fort.

Das Jubiläum als Chance

Genau hier schließt sich ein Kreis: Nach turbulenten Jahren seit dem Ausscheiden von Horst Popp, einer aufreibenden Hauptversammlung 2018 sowie dem Einstieg der GLS Bank herrscht bei der UmweltBank eine neue Aufbruchstimmung. Gerade bei der Digitalisierung holt die Bank rasch auf; die Corona-Zeit hat dies noch einmal beschleunigt.

In diesem Prozess bietet das Jubiläum die Chance zurückzublicken, alle Mitarbeitende neu abzuholen, den Ursprungsgedanken und das Visionäre der Bank deutlich zu machen und so erneut den Spirit aus der Gründungszeit zu entfachen. Gleichzeitig bietet es die Möglichkeit, die Personen hinter der Bank und ihre persönlichen Geschichten näher kennenzulernen – Inhalte aus rund 20 Zeitzeugeninterviews sind in eine multimediale Firmenchronik, einen „Kinofilm“ und zahlreiche Kurzclips geflossen. Die Erinnerungen und Geschichten sind so konserviert für eine Nachwelt und eine nächste Generation an UmweltBanker:innen, die dann schon den nächsten Wachstumsschritt genommen hat.

Die Bedeutung dieser Erinnerung ist kaum zu unterschätzen, selbst in einem Unternehmen, das mittlerweile 300 Mitarbeitende hat. Denn, obwohl die UmweltBank inzwischen längst als Bank etabliert ist, bleibt die sie im Kern ein Unternehmen, das davon lebt, dass Mitarbeitende und Kund:innen gleichermaßen durch gemeinsame Ideale verbunden sind – 1997 genauso wie heute. Mit ihrer Entscheidung für einen besonderen Rückblick zum Jubiläum hat die UmweltBank also einen wichtigen Schritt gemacht, den gemeinsamen Geist dieser Jahre zu bewahren und an die Nachfolger:innen weiterzugeben. Die Idee hinter der UmweltBank erscheint im Jubiläumsjahr in jedem Fall aktueller denn je – und wir freuen uns schon jetzt, in 25 Jahren von den nächsten Erfolgen berichten zu können.