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Der Mensch ist ein Herdentier, so sagt man. An der Börse kann man diese Alltagsweisheit geradezu hervorragend beobachten. Kauft einer – kaufen alle. Das führt dazu, dass insbesondere Privatanleger viel zu oft zu ungünstigen Zeitpunkten kaufen und verkaufen. Denn was schnell vergessen wird: Es sind vor allem die Aktionäre selbst, die das Auf und Ab an den Märkten bestimmen.
Der Aktienhandel wirkt oft faktengetrieben. Unternehmenskennzahlen, Zinsen der Notenbanken oder die Entscheidungen in der Wirtschaftspolitik scheinen die wichtigen Faktoren auf dem Börsenparkett zu sein.
Wie tickt der "Homo Oeconomicus"
Die Wissenschaftstheorie spricht in diesem Zusammenhang vom „Homo Oeconomicus“ – einem wie es scheint übermenschlichen Wesen, das Entscheidungen völlig rational und stets zu seinem größtmöglichen finanziellen Nutzen trifft. Dazu stehen ihm sämtliche Informationen zu einer Vielzahl an Handlungsmöglichkeiten sowie aller relevanten Märkte zur Verfügung.
Das dies mit einem echten Anleger nur wenig gemein hat, liegt auf der Hand. Schließlich ist es kaum jemandem möglich, bei Entscheidungen seine eigenen Gefühle gänzlich zu ignorieren, und sich ausschließlich von rationalen Argumenten leiten zu lassen. Außerdem ist es unmöglich, die schier unendliche Masse an verfügbaren Informationen zu überblicken und in einer fundierten Entscheidung zu bündeln.
Anleger suchen nach Bestätigung
Der Erforschung dieses irrationalen Verhaltens von Börsianern widmet sich der wissenschaftliche Fachbereich Behavioral Finance. Er beschäftigt sich mit typischen Verhaltensmustern bei Anlageentscheidungen und versucht zu erklären, wie diese am Ende zustande kommen. Zudem wird untersucht, wie Informationen durch Anleger wahrgenommen und verarbeitet werden. Eine wichtige Erkenntnis: Anlegern fallen Informationen, die den eigenen Vorstellungen und Meinungen entsprechen, schneller ins Auge. Nachrichten, die dazu im Widerspruch stehen, übersehen sie gerne. Zudem überbewerten Aktionäre solche Informationen, die leicht zugänglich, besonders auffällig und leicht zu verstehen sind.
Wenn die Herde ins Verderben rennt...
Profis wie Privatanleger folgen überdurchschnittlich häufig der scheinbar vorherrschenden Meinung über den Markt. Sie verlassen sich darauf, dass die breite Masse am Ende recht behalten wird. Dieses Phänomen wird als Herdentrieb bezeichnet und zielt auf ein Urbedürfnis des Menschen ab, sich zu einer Gruppe zugehörig zu fühlen.
Nach einer Fehlentscheidung trösten sich Anleger damit, dass alle anderen der Gruppe den gleichen Fehler begangen haben, und dass man selbst keine Schuld an dem Misserfolg trägt. Der teure Nebeneffekt: Diese Strategie führt regelmäßig dazu, dass Anleger Aktien nahe dem Höhepunkt kaufen – nämlich dann, wenn alle kaufen – und Papiere verkaufen, wenn der Tiefpunkt erreicht ist – denn dann verkaufen ja alle.
Zudem lassen sich nicht wenige Anleger bei kurzfristigen Kurseinbrüchen entmutigen und verkaufen zu früh, ohne sich dabei ihre ursprüngliche Anlagestrategie ins Gedächtnis zu rufen. Dadurch können bereits aus kleinen Ausschlägen große Kursbewegungen entstehen, die ursprünglich vielleicht nur ein einzelner Verkaufsauftrag ausgelöst hat.
Was hilft gegen den Herdentrieb?
Fakt ist, dass Kleinanleger dem Herdentrieb häufiger zum Opfer fallen. Sie steigen dann ein, wenn die Börsenparty schon fast auf dem Zenit ist, und realisieren in Krisen viel zu früh Verluste. Besser ist es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Situation rational zu bewerten: Ist das Verhalten der Masse nachvollziehbar oder basiert es auf einer irrationalen Strömung?
Kleinanleger sollten stets versuchen, Entscheidungen losgelöst von persönlichen Gefühlen zu treffen. Grundsätzlich hilft es, eine Strategie festzulegen, der man auch in Krisenzeiten folgt. Außerdem gibt es am Aktienmarkt Regeln, die sich bewährt haben, um das Risiko zu verringern:
- Ein langer Anlagehorizont von zehn bis zwanzig Jahren macht unabhängig von kurzfristigen Kursschwankungen.
- Die angemessene Diversifizierung eines Portfolios verringert Verluste.
- Die Beimischung von Dividendenpapieren sorgt auch im Abwärtstrend für eine solide Rendite.
Auf diese Weise lässt sich manch unangenehme Kursbewegung bereits gut abfedern. Das gibt Ruhe für gewichtete Entscheidungen.
Die Investorenlegende und Gründer einer der heute weltweit größten Investmentfonds, Sir John Templeton, soll mit Blick auf den Herdentrieb einmal gesagt haben: „Zu kaufen, wenn andere mutlos verkaufen, und zu verkaufen, wenn andere eifrig kaufen, verlangt größte innere Stärke und bringt letzten Endes den höchsten Lohn.“
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