"Es klingt verrückt, aber obwohl wir eine Bank sind, haben wir von der Finanzkrise 2008 profitiert."

Jürgen Koppmann

Nachhaltig erfolgreich

Ab Sommer 2007 ist die Finanzwelt in Aufruhr. Der US-Immobilienmarkt ist gefährlich aufgebläht, die Zinsen für Kredite für Geschäfte zwischen Banken steigen rasant an. Als am 15. September 2008 die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbricht, erreicht die Krise ihren Höhepunkt. Besonders im Fokus stehen nun viele Großbanken: Die Presse berichtet darüber, wie manche Banken gerade unwissende und ältere Kund_innen mit leeren Versprechen geködert hätten. Das Vertrauen und Ansehen von Banken sinkt rapide – nicht zuletzt auch dadurch, dass sie staatlich gestützt werden müssen.

Auch bei der UmweltBank beobachtet man die Entwicklung besorgt. Und doch kommt für die Franken alles ganz anders: „Die Krise hatte einen Kundenzuwachs zur Folge. Die Menschen haben erkannt, dass es wichtig ist zu wissen, was die Bank mit dem Geld macht“, so Jürgen Koppmann, damals und heute im Vorstand der UmweltBank.

Volle Schreibtische

Spätestens in der Finanzkrise wird also deutlich: Das UmweltBank-Modell ist nachhaltig und schafft Vertrauen – und das eben nicht nur auf ökologischer, sondern auch auf finanzieller Ebene.

Die zusätzlichen Aufträge, die das mit sich bringt, bedeuten aber noch ein erhebliches Stück mehr Arbeit für die Bank. Dabei sind schon Anfang der 2000er die Schreibtische bei der UmweltBank ziemlich voll. Der Staat fördert nun auch die Finanzierung von Solaranlagen und es trudeln immer mehr Anfragen hierzu in Nürnberg ein. Aber „die Manpower war für diese Masse an Anfragen schlicht nicht da“, erinnert sich Goran Bašić, der damals in der Kreditabteilung war. Zwar werden aus den 32 Mitarbeitenden im Gründungsjahr bis 2007 schon über 130. Aber dennoch muss die Kreditabteilung „ein Stück weit ‚cherry picking‘ betreiben“, erläutert Bašić. „Viele andere Banken hatten selbst von kleinen Kreditnehmenden bei ökologischen Projekten große Sicherheiten verlangt. Wir haben ihnen dahingegen vertraut und das hat sich herumgesprochen“, so Bašić weiter.

"Unsere Kreditnehmer zu der Zeit waren richtige Enthusiasten, Pioniere, die die Themen Windkraft und Solar voranbringen wollten. Langsam wurde es dann salonfähig."

Goran Bašić

Der starke Fokus auf den Wind- und vor allem Solarbereich hat Anfang der 2000er mehrere Folgen für die Bank. Der Erfolg schafft Ressourcen für die Entwicklung ganz neuer Produkte: 2003 gibt die Bank erstmals festverzinsliche Genussscheine aus, mit denen weitere Umweltprojekte finanziert werden. 2008 beteiligt sich die UmweltBank an der Naturata AG, die Bio-Feinkost anbietet. Die Solarfinanzierung wird für Privatkund_innen 2010 nochmals erheblich vereinfacht, ein Jahr später hat die Bank schon ihren 100.000sten Kunden und 2013 steigt das Kreditvolumen auf über 2 Milliarden Euro.

Und dennoch hat das starke Wachstum auch eine Kehrseite. Die UmweltBank ist im „klassischen“ Bankenalltag angekommen. „Wir hatten eine Wachstumsschwelle und da steckt auch viel Wachstumsschmerz drin. Wir hatten einen biederen Touch bekommen“, muss André Hückstädt zugeben. Die Start-up-Zeiten sind endgültig vorbei.

Aufsichtsrat

"Die sehr guten Zahlen haben dem Unternehmen den Druck genommen, die wichtigen Zukunftsfragen zu stellen."

Jürgen Koppmann

Ein Generationenwechsel bahnt sich an

2013 gibt es eine Strategietagung bei der UmweltBank. Die Abteilungsleiter_innen und auch Horst Popp sind anwesend. Es geht um die Ausrichtung und Zukunft der Bank. Sie ist mittlerweile eine fest etablierte Größe im nachhaltigen Bankensektor. Aber: „Die sehr guten Zahlen haben dem Unternehmen den Druck genommen, die wichtigen Zukunftsfragen zu stellen“, erinnert sich Jürgen Koppmann. Auch Goran Bašić ist damals bei der Tagung dabei und stellt rückblickend fest: „Es war eine komische Situation. Auf der einen Seite gab es eine nächste Generation, die sehr viel bewegen wollte und auf der anderen Seite den Gründer, der es sich und der Welt schlicht bereits bewiesen hatte.“

Denn Horst Popp hat zu diesem Zeitpunkt sein Ziel erreicht. Gegen alle Widerstände hat er gezeigt, dass nachhaltiges Banking eben doch geht. Aber klar ist auch, dass Stillstand keine Option ist. Für die notwendigen, starken Veränderungen in der Zukunft braucht es den Willen zu großen Kraftanstrengungen. Es bahnt sich ein Generationenwechsel an.

"Es gab eine nächste Generation, die sehr viel bewegen wollte."
Goran Bašić

Dieser Wechsel wird zu einer ganz eigenen Herausforderung. Obwohl die UmweltBank mittlerweile über 140 Mitarbeitende zählt, ist sie noch immer sehr stark auf Horst Popp zugeschnitten – ideal für ein Start-up mit kurzen Entscheidungswegen, aber eher hinderlich für eine mittelgroße Bank, die sich breiter aufstellen will und auch eng mit den Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten muss. Um diese Strukturen umzugestalten, ist ein Umbruch an der Spitze unvermeidlich: Popp wechselt zunächst in die neugegründete UmweltProjekt AG (heute GmbH) und macht so im Vorstand den Weg für Goran Bašić und Stefan Weber frei. Im August 2017 scheidet er endgültig aus der Bank aus. Jürgen Koppmann stößt im gleichen Jahr zum neuen Vorstand dazu, der nun weitaus breiter aufgestellt ist. Damit beginnt ein neuer Abschnitt in der UmweltBank-Geschichte.