Die UmweltBank-Idee setzt sich durch

Die 1990er in Stralsund: Im Radio laufen die Spice Girls, Schlaghosen erleben gerade eine Renaissance und ein junger André Hückstädt macht bei der lokalen Sparkasse seine Ausbildung. „Meine Mutter hat gesagt: ‚Junge, mach Bank, das ist sicher!‘“, erinnert sich Hückstädt. Der weitere Weg im klassischen Bankgeschäft scheint also vorgezeichnet. Bis er 1997 eine Anzeige in der FAZ sieht: „UmweltBank – Wir haben die Zulassung, wir fangen an.“

Hückstädt zögert nicht lange. Er bewirbt sich, wird eingeladen. Seine Frau und er quartieren sich kurzerhand auf einem Nürnberger Campinglatz ein und eines morgens wirft sich Hückstädt zwischen Urlaubern und Wohnwägen in Anzug und Schlips und geht zum Vorstellungsgespräch. „Dann stand ich erstmal vor dem Gebäude und habe gar keine Bankhalle gesehen. Es gab keine Schalter. Unten war eine Firma für Fitnessgeräte und irgendwo auf zwei Etagen war die UmweltBank. Da ist man rein, es waren lauter engagierte junge Leute“, erinnert sich Hückstädt.

"Das ganze roch ein wenig nach Start-Up"

André Hückstädt

Direkt- und Beraterbank

Hückstädt merkt also sofort: Die UmweltBank ist nicht wie die Banken, die er bis jetzt kennt. Denn neben ihrem ganz besonderen Fokus auf Ökologie und Nachhaltigkeit ist sie auch eine der ersten Direktbanken in Deutschland – sie verzichtet auf eigene Filialen, bietet auch keine Girokonten an, sondern widmet sich ganz ihrer selbstgewählten Mission. Beratung und Kundenkontakt gibt es dennoch direkt über das Telefon oder beim persönlichen Treffen mit den Bankberatern.

Kern der Bank ist die Kreditvergabe und damit die Förderung von Umweltprojekten. Jeder Euro, der bei der UmweltBank angelegt wird, fließt ausnahmslos in nachhaltige Projekte. Für die Kreditvergabe gibt es ökologische Rahmenkriterien. Und der Markt für so etwas ist ganz offensichtlich da: „Ich habe richtig darauf gewartet, dass so eine Bank gegründet wird“, so Andreas Stahl, der im Wohnungsbaugewerbe aktiv ist. Stahl gehört zu den ersten Kreditnehmern der UmweltBank – bis heute haben er und sein Unternehmen allein in Berlin mehr als 30 nachhaltige und sozial-verträgliche Baugemeinschaften entwickelt.

"Unser erster Kredit war einer der ersten Kredite, die die UmweltBank für ein Bauprojekt vergeben hat."
Andreas Stahl, Geschäftsführer des Planungsbüros pro.b.

Im Gründungsjahr 1997 bestimmen vor allem zwei Bereiche das Geschäft der jungen Bank: Die ökologische Baufinanzierung macht 48,5 Prozent des Kreditvolumens aus. Der andere große Bereich sind Umweltkredite zur Finanzierung erneuerbarer Energien – Produkte, die damals noch keine andere Bank anbietet. Insgesamt fließen im ersten Jahr 48,9 Prozent der UmweltBank-Kredite in erneuerbare Energien. Allein die Windkraftprojekte stehen dabei mit ganzen 45,5 Prozent des Gesamtkreditportfolios auf Erfolgskurs – Tendenz steigend.

"Die erste Welle war Immobilien und Wind. So ein richtiger Kick kam dann aber mit dem EEG. Nun wurden Solaranlagen mitgefördert. Unser erstes Projekt war auch gleich die größte PV-Anlage, die es in Norddeutschland gab, und zwar auf dem Einlaufkanal des alten Atomkraftwerks Lubmin. Die steht heute noch und ist eine fantastische Anlage."

Andre Hückstädt

Neues Windparkprojekt: Im Frühjahr 1999 bietet die UmweltBank Beteiligungen am Windpark Klostermoor an.

Energiewende? Volle Windkraft voraus!

In der Anfangsphase geht es bei der Bank also vor allem um die Finanzierung von Immobilien und Windkraftanlagen. Ingo de Buhr gründet zu dieser Zeit ein Unternehmen, das Windenergieanlagen plant und errichtet. Doch immer wieder stößt er mit seinen Plänen auf Skepsis: „Anderen Banken musste ich immer mühsam erklären, warum wir als junges Unternehmen nun so große Kredite für die Finanzierung benötigen“, so de Buhr. Bei der UmweltBank macht er ganz andere Erfahrungen: „Die UmweltBank glaubte sofort an die Idee und hat es so immer innerhalb kürzester Zeit geschafft, das Geld einzuwerben.“ Das schafft die Bank vor allem dadurch, dass Kund_innen und Mitarbeitende die Projekte gewissermaßen hautnah miterleben dürfen. „Wir sind immer zu den Baustellen gefahren. Einmal waren wir in einem Windpark in Cuxhaven, alle in Gummistiefeln und sind auf der Baustelle im Matsch rumgewandert“, erinnert sich Beate Klemm gerne zurück.

Mit so viel Pioniergeist ist die UmweltBank bestens aufgestellt, um den nächsten großen Schritt auf dem Energiemarkt zu gehen. „Solar war tatsächlich noch kein großes Thema zu der Zeit“, erinnert sich André Hückstädt. Doch das wird sich bald ändern – auch durch einen wichtigen Impuls durch den Staat.

Im Jahr 2000 tritt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft. Es fördert den Ausbau regenerativer Energien. Netzbetreiber müssen „grünen“ Strom einspeisen. „Große Solaranlagen und vor allem privat betriebene gab es damals eigentlich noch nicht“, so André Hückstädt. Doch jetzt nimmt die Energiewende langsam an Fahrt auf. Die UmweltBank als Pionier bei der Finanzierung solcher Projekte profitiert.

Ende der Aufbauphase: Börsenfeier und erstes eigenes Gebäude

„Schwarze Zahlen mit grünem Geld schreiben“
UmweltBank zu ihrem ersten Geburtstag

Das Modell UmweltBank funktioniert also und hat beste Zukunftsaussichten. Mit etwas Stolz berichtet die UmweltBank zu ihrem ersten Geburtstag, dass sie „schwarze Zahlen mit grünem Geld“ schreibt. Ethisch-ökologische Geldanlagen und Rendite müssen eben nicht in Widerspruch zueinander stehen. Allein im ersten Geschäftsjahr können durch die geförderten Projekte 38.7000 Tonnen CO2 eingespart werden – das entspricht etwa dem damaligen ökologischen Fußabdruck der Stadt Bayreuth. 1999 wird an die stillen Gesellschafter und Aktionäre eine erste Dividende ausgeschüttet.

Das Wachstum in den ersten Jahren wird nicht nur an den Geschäftszahlen deutlich. Im Jahr 2000 erwirbt die UmweltBank ihre ersten eigenen Räumlichkeiten in der Emilienstraße 3 – ein Jugendstilhaus, das ökologisch renoviert wird und 1.000 qm an Büroflächen bietet. Ein Jahr darauf findet die Ausbauphase ihren Abschluss: Als erste grüne Bank in Deutschland geht die UmweltBank zum 25. Juni 2001 an die Börse. Und nur wenige Tage später gibt es auf der Hauptversammlung in Nürnberg einen neuen Besucherrekord. Über 400 Aktionär_innen reisen aus der gesamten Bundesrepublik nach Nürnberg und verfolgen die Veröffentlichung der Zahlen für das Geschäftsjahr 2000. Sie feiern die über 1.300 Umweltprojekte, die seit Gründung umgesetzt worden sind, den Börsenstart und die ersten eigenen Räumlichkeiten. Die Zeichen stehen also weiterhin auf Wachstum – aber das bringt eben auch seine Herausforderungen mit sich.

Wachstum der ersten 5 Jahre

  1997 1998 1999 2000 2001
Finanzierte Projekte 100 500 1.000 1.300 1.800
Kund_innenzahl 7.000 12.000 19.009 24.000 28.000
Geschäftsvolumen
(Mio. Euro)
52 134 192 238 347
CO2-Emissionseinsparungen
(in Tonnen)
31.000 90.600 178.400 309.600 420.498
Mitarbeiter_innen 45 57 68 90 102